Autoreninterview mit Christian Faesecke

„Zu laut und zu heiß“

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WELTSEHER: Was hat dich dazu bewegt, in Mumbai einen Slum zu besuchen?

Christian Faesecke: Ich war vorher noch in keinem Slum gewesen und hatte vor Reisebeginn viel über den in Mumbai gelesen. Es soll das größte Elendsviertel in Asien sein. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie das Leben dort funktioniert. Ich wollte sehen, wie die Menschen ihr Leben meistern bei diesen ausgesprochen widrigen Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dabei hat mich die Anpassungsfähigkeit der Menschen vor Ort am stärksten beeindruckt: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind wirklich äussert hart und ohne soziale Absicherung. Für die Bewohner von Dharavi sind die Umstände aber Normalität.

Welchen Eindruck haben die Menschen dort auf dich gemacht? Waren sie an dir interessiert?

Die Menschen haben von Anfang an einen sehr beschäftigten Eindruck auf mich gemacht. Viele schienen einer Arbeit nachzugehen und nur wenige waren an mir interessiert. Erst nachdem ich mehrere Tage hintereinander die gleichen Werkstätten besuchte, kam ich mit den Arbeitern mehr und mehr ins Gespräch. Trotzdem blieben die Meisten auf ihre Arbeit konzentriert. Ich wurde akzeptiert und konnte mich frei bewegen. Erst später fanden sich einige Jugendliche, die mich herumführten und mir auch ihre Wohnstätten zeigten und ihre Familien vorstellten.

Gibt es irgendein Erlebnis, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Besonders beeindruckt haben mich die Tonbrenner, die inmitten der engen Hinterhöfe ihre Töpferprodukte ausbrannten. Dabei hüllten sie die umliegenden Wohnhäuser und Gassen für einige Zeit in schwarzen, beißenden Rauch, so daß alle Bewohner und Passanten schlagartig das Weite suchten. Kurzzeitig sah es so aus als würde das ganze Areal brennen. Aber nach einigen Minuten verzog sich der Rauch wieder und es blieb ein gut brennendes Feuer über.

Was hat dich fotografisch an dem Thema gereizt?

Der Kontrast zwischen den heruntergekommenen Baracken mit dem ganzen Müll und den Menschen in ihren Lebens- und Wohnräumen hat mich am meisten gereizt. Durch die maroden Dächer der Werkstätten gab es einen spannenden Lichteinfall, der auf den entstehenden Staub traf. Mittendrin waren diese Arbeiter, die kaum mehr als einfachste Kleidung trugen und trotzdem mit fließend heißem Aluminium hantierten oder ohne Arbeitsschutz an frei drehenden Maschinen arbeiteten. Oftmals hab ich es gar nicht lange in den Werkstätten ausgehalten, weil es mir einfach zu zu laut und zu heiß war.

Vielen Dank!

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